Sie ist zwar seit gut einem halben Jahr im Ruhestand, doch Margot Käßmann zieht noch immer die Menschen in ihren Bann. Das wurde einmal mehr am heutigen Sonntag in Heersum deutlich, wo die Raumkapazität der Urbani-Kirche schnell an ihre Grenzen stieß. Schon weit vor dem um 11 Uhr beginnenden Gottesdienst waren die 250 Sitzplätze belegt, weshalb rund 60 Besucher mit einer Live-Übertragung im benachbarten Gemeindehaus vorlieb nehmen mussten. Diakon Frank Rüffer hatte sich um die perfekte Technik gekümmert.
Dass die 61-jährige Käßmann für viele noch immer die „Bischöfin der Herzen“ ist, liegt wohl an der Art, wie Käßmann auf die Menschen zugeht. So wartete die ehemalige Landesbischöfin gleich zu Beginn der Heersumer Veranstaltungsreihe „Kanzelreden“ mit einer charmanten Schmonzette auf. Wenn sie mal wieder darauf angesprochen werde, dass die Kirchen immer leerer würden, wolle sie diesen Kritikern raten, „einmal sonntags in die Kirche in Heersum zu gehen.“ Ein Satz, den die Gottesdienstbesucher mit lautem Lachen quittierten.
In ihrer humorvollen und inspirierenden Predigt stellte Käßmann die Rolle von Propheten in den Mittelpunkt. Ebenso wie vor rund 2600 Jahren zu Zeiten von Jeremia hätten die Propheten von heute einen überaus schweren Stand. So genieße die Klimaaktivistin Greta Thunberg zwar einerseits eine große Verehrung; andererseits schlage ihr aber eine ebenso große Verachtung entgegen. Nachdem sie den Politikern vor der UNO die Leviten gelesen habe, müsse Thunberg mit Personenschutz durch die Welt reisen. Prophet zu sein, sei eben noch nie ein besonders erstrebenswertes Amt gewesen, sagte Käßmann.